Ich finde es gar nicht mehr so leicht, Weihnachtswünsche oder -gedanken zu formulieren in einer Welt, in der Orientierung immer schwerer fällt.
Und doch möchte ich ein paar Worte loswerden, die zur Weihnachtszeit gelegen kommen, denn es ist nicht immer alles so schrecklich, wie viele meinen.

Eines der großen Probleme, mit denen wir zu kämpfen haben, ist die Masse an Informationen, die über uns hereinbricht und die wir in dieser Quantität nie zuvor erhalten haben. Kaum vorstellbar, dass jemand von uns in Zeiten des Dreißigjährigen Krieges hätte leben wollen, oder zwischen 1939 und 1944. Bestimmt wäre es auch nicht wünschenswert, als Sklave auf den Baumwollfeldern südamerikanischer Farmen zu schuften oder sich den Hexenprozessen der Inquisition auszusetzen.
Den Indianern (Ja, ich benutze das Wort Indianer, ohne jegliche Herabsetzung dieser Menschen!) in Nord- und Südamerika zu Zeiten der spanischen Eroberer oder später, als die Europäer meinten, sich alles unter den Nagel reißen zu können, was ihnen dargeboten wird, ging es mitnichten gut.
Fast komplett abgesägt haben die Menschen diesen eigenen Ast.
Gewiss, es ist grauenvoll, was wir über Gaza oder die Ukraine erfahren, über die Krise im Sudan, das Sterben im Jemen. Die Liste lässt sich zweifelsohne verlängern, aber sie war auch schon länger und flächendeckender. Für den Einzelnen im jeweiligen Kriegs- oder Krisengebiet macht das ganz und gar keinen Unterschied. Für ihn oder sie ist es grauenvoll, furchtbar und oft lebensbedrohlich. Und gerade zur Weihnacht finde ich es gut, an all jene zu denken, denen es nicht so wie uns geht und die weniger Glück im Leben hatten. Da können wir an viele Stellen blicken, auch unter die eine oder andere Brücke in Deutschland, in Europa.
Aber ich bin der Meinung, dass wir in der Flut der negativen Medienberichterstattung nicht untergehen dürfen. Wir sind nicht dafür gemacht, jegliches Elend dieser Welt, alles Leid auf Erden und jeden Schmerz mitzuerleben und uns vor Augen zu führen. Und "Nein!", ich meine nicht wegschauen, ignorieren oder sich das Leben schön reden. Zum Einen ist das Leben nämlich bereits schön, da können wir auch mal hinschauen. Zum Anderen bin ich persönlich nicht in der Lage, mich mit alledem auseinanderzusetzen. Wo soll ich auch anfangen und enden? Ich muss mir doch einen Bereich schaffen, den ich bewältigen kann. Das wäre klug und gesund. Und durchaus kann ich mich engagieren und helfen, mitfühlen und Empathie entwickeln. Aber nicht permanent und bei jeglichem Mißstand, der mir begegnet. Dazu fehlt die Kraft. Jedem fehlt dazu die Kraft und jedem kann ich nur raten, sorgsam mit der Dosis an Informationen umzugehen, die wir uns täglich erlauben. Es kann zu viel werden und allzu leicht verlieren wir den Überblick oder schlimmer noch, verirren uns gänzlich.
Ich möchte Dir in diesem Jahr zur Weihnacht weniger Input wünschen. Suche Dir aus, was Du auf Dich einprasseln lässt und sei Dir sicher, dass auch ein einziges Problem pro Tag ausreicht, um es zu behandeln.
Ich persönlich halte es mit den Nachrichten dieser Welt inzwischen so, dass ich sie mir einmal wöchentlich gebe. In kleinen Dosen und oft möglichst ohne Bilder. Ich werfe schließlich niemandem vor, der bei einer der vielen Tafeln in Deutschland ehrenamtlich hilft, dass er sich nicht im Tierschutz engagiert. Und ich klage auch keinen an, der Pakete in die Ukraine schickt mit Lebensmitteln oder Decken, weil er sich nicht für Gaza einsetzt. Wir können nicht jedem und überall helfen. Ebensowenig können wir all die Informationen annehmen, die uns bombardieren.
Für manche ist es ausreichend, sich um die gehbehinderte alte Nachbarin zu kümmern. Und manche haben einen engen Verwandten in der Pflege. Das genügt bereits. Und wenn einige mehr vertragen, ist es in Ordnung. Wenn andere es nicht tun, ist es auch in Ordnung.
Gönne Dir Ruhe, halte inne! Du musst nicht alles annehmen, was man Dir anbietet. Du kannst auswählen, ablehnen und gerne auch das Schöne in der Welt und in Deiner Nähe wahrnehmen. Da ist immer etwas, das Dich erfreuen kann. Und sei es der kleine Vogel im Winter, dem Du ein paar Körnchen ins Vogelhäuschen gelegt hast und den Du nun beobachten kannst.
Ich wünsche Dir frohe Weihnachten, Besinnlichkeit und eine schöne Zeit. Der Geist der Weihnacht ist ein Guter und die eigentliche Idee dahinter viel mehr als das, was wir heutzutage zuerst sehen.
O. E. Wendt